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Nebenjobs in Deutschland: Wie viele Menschen verdienen sich etwas dazu?

In Deutschland sind Zweitjobs ganz normal: Die Kellnerin, die auch noch Nachhilfe gibt, der Paketbote, der abends Pizza ausfährt oder der Büroangestellte, der am Wochenende auf Flohmärkten steht.

Das Phänomen ist längst kein Randthema mehr, sondern tief verankert im deutschen Arbeitsmarkt – der Nebenjob als zusätzliches Standbein, Sicherheitsnetz oder Einstieg in neue berufliche Abenteuer. Und während die einen aus der Not heraus handeln, entdecken andere darin eine willkommene Möglichkeit, sich neu zu entfalten.

Wer hat eigentlich nur einen Job?

Wer hat eigentlich nur einen Job?

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Rund 2 Millionen Menschen in Deutschland gehen einer Nebentätigkeit nach. Diese Zahl stammt aus dem dritten Quartal 2024 und zeigt deutlich, dass der klassische „9-to-5“-Job längst nicht mehr ausreicht, oder nicht mehr reicht. In etwa jeder neunte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte verdient nebenbei Geld. Und das ist keine spontane Laune der Arbeitswelt, sondern ein Trend mit Ausdauer. Seit Jahren zeigt die Kurve nur in eine Richtung: nach oben.

Besonders auffällig ist der Unterschied zwischen Ost und West. Während in den westlichen Bundesländern rund 10,8 Prozent der Beschäftigten einen Zweitjob haben, liegt der Anteil im Osten bei nur 5,4 Prozent.

Gründe dafür gibt es viele: Strukturelle Unterschiede, divergierende Branchenlandschaften und nicht zuletzt das Lohnniveau. In Teilzeitbeschäftigungen ist die Nebenjobquote besonders hoch. Wenig überraschend, denn wer von Anfang an mit weniger Stunden unterwegs ist, hat schlicht mehr Spielraum im Kalender und weniger Geld auf dem Konto.

Interessant dabei: Die Verteilung zwischen Männern und Frauen ist relativ ausgeglichen, allerdings zeigen sich geschlechtsspezifische Muster bei den Tätigkeiten. Männer zieht es eher in handwerkliche oder technische Bereiche, Frauen übernehmen häufiger Jobs im Verkauf, in der Pflege oder der Kinderbetreuung.

Warum Nebenjobs boomen

Natürlich geht es oft ums Geld. Wer steigende Mieten, hohe Strompreise und den Wochenendeinkauf in der Obstabteilung überlebt hat, weiß, dass man mit einem einzigen Gehalt schnell an Grenzen stößt. Das gilt nicht nur für Geringverdiener. Auch Menschen mit regulären Vollzeitstellen greifen zunehmend zu Nebenjobs, weil das Monatsende manchmal näher rückt als der Gehaltszettel.

Doch nicht alle nehmen den zweiten Job aus wirtschaftlicher Enge an. Viele nutzen ihn auch als Sprungbrett, Testballon oder kreative Spielwiese. Die eigene Yogalehrer-Ausbildung am Abend unterrichten, handgemachten Schmuck über Etsy verkaufen oder als Fotograf auf Hochzeiten unterwegs sein. Wer sich im Hauptberuf zu eingeengt fühlt, findet in der Nebentätigkeit häufig das fehlende Puzzlestück zur Selbstverwirklichung.

Manch einer setzt das Geld teilweise in Glücksspielen ein, mit der Hoffnung daraus noch mehr zu machen. In Online-Casinos, in denen keine Auszahlungslimits festgelegt sind, können durchaus Jackpots geknackt werden. Auch Lotterien erfreuen sich großer Beliebtheit. Wer nicht davon ausgeht, zwangsläufig etwas zu gewinnen, wird vielleicht überrascht.

Gerade in einer Phase der Wirtschaft, in der Sicherheit nicht mehr nur über ein regelmäßiges Einkommen definiert wird, sondern auch über die Freiheit, das eigene Leben selbst zu gestalten, ist der Nebenjob für viele ein Schritt in Richtung Autonomie. Es geht um mehr als Geld. Es geht um Spielräume, um Perspektiven, um das Gefühl, etwas Eigenes zu schaffen.

Was im Alltag neben dem Job gut funktioniert

Minijobs führen die Liste an. Kein Wunder, sie sind unkompliziert, steuerlich überschaubar und nahezu überall zu finden. Klassiker wie Kellnern, Kassieren oder Putzen stehen nach wie vor hoch im Kurs.

Daneben wächst aber auch die Zahl der Menschen, die freiberuflich arbeiten oder digitale Geschäftsmodelle ausprobieren. Content Creation, virtuelle Assistenz, Online-Nachhilfe oder kleine Etsy-Shops. Was früher nach Ausnahme klang, ist heute alltäglich geworden.

Besonders präsent sind auch Ehrenämter mit Aufwandsentschädigung. Wer als Trainerin, Chorleiter oder Betreuerin tätig ist, bewegt sich zwar in einem ganz anderen sozialen Rahmen, verdient aber trotzdem. Legal und steuerlich begünstigt.

Ein kleines Zubrot. Studierende, Rentnerinnen und Menschen mit Migrationsgeschichte sind auffällig oft in Nebentätigkeiten aktiv. Auch das spricht eine klare Sprache: Nebenjobs sind nicht nur eine Ergänzung zum Hauptberuf, sie sind für viele ein elementarer Bestandteil ihrer Lebensrealität.

Wie viel darf man eigentlich dazuverdienen, ohne Ärger mit dem Finanzamt zu riskieren?

Wie viel darf man eigentlich dazuverdienen, ohne Ärger mit dem Finanzamt zu riskieren?

Seit Anfang 2025 liegt die Verdienstgrenze für Minijobs bei 556 Euro im Monat. Damit können bis zu 6.672 Euro im Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei verdient werden – zumindest aus Sicht des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber muss pauschale Beiträge abführen, aber das hält die Sache für Beschäftigte angenehm unkompliziert.

Daneben gibt es zwei steuerlich besonders interessante Sonderregelungen: Die Übungsleiterpauschale erlaubt bis zu 3.000 Euro jährlich für bestimmte nebenberufliche Tätigkeiten im gemeinnützigen Bereich. Die Ehrenamtspauschale ergänzt das Ganze um weitere 840 Euro. Vorausgesetzt, die Tätigkeit erfüllt die Voraussetzungen.

Wichtig dabei: Diese Freibeträge gelten jeweils pro Person, nicht pro Job. Wer mehrere Minijobs gleichzeitig ausübt oder verschiedene Pauschalen nutzt, sollte genau hinschauen, oder jemanden fragen, der sich auskennt. Denn was im ersten Moment einfach wirkt, kann sich schnell zur Stolperfalle entwickeln, wenn die Verdienstgrenze überschritten wird. Und dann rollt der Ball nicht mehr über den grünen Rasen, sondern durch die Steuerabteilung.

Achtung: Ein Nebenjob ist erlaubt!

Zweitjobs sind grundsätzlich erlaubt. Das klingt beruhigend, ist aber kein Freifahrtschein. Viele Arbeitsverträge enthalten Klauseln, die den Arbeitgeber zumindest über eine Nebentätigkeit informieren wollen. Und wer in Konkurrenz zur eigenen Firma arbeitet oder dabei gesetzlich erlaubte Arbeitszeiten überschreitet, bewegt sich auf dünnem Eis.

Das Arbeitszeitgesetz setzt klare Grenzen: Mehr als zehn Stunden am Tag sind nicht erlaubt, Pausen und Ruhezeiten müssen eingehalten werden. Wer also bereits acht Stunden im Hauptberuf eingespannt ist, hat genau zwei Stunden Spielraum. Zumindest offiziell.

Auch während Krankheit oder Urlaub ist Vorsicht geboten. Wer sich vom Hauptjob krankschreiben lässt und abends im Nebenjob Gläser spült, könnte unangenehme Fragen beantworten müssen. Gleiches gilt, wenn der Zweitjob zur Leistungserschöpfung führt, dann kann sogar der Hauptjob leiden. Und das wird spätestens dann brenzlig, wenn sich der Arbeitgeber nicht nur informiert, sondern aktiv dagegen positioniert.

Rentenanspruch, Absicherung und soziale Folgen

Rentenanspruch, Absicherung und soziale Folgen

Auf dem Papier sieht der Nebenjob oft nach einer klaren Sache aus. Doch wer genauer hinsieht, erkennt schnell: Das System ist nicht so durchlässig, wie es scheint. Minijobber zahlen in der Regel keine Rentenbeiträge, es sei denn, sie entscheiden sich aktiv dafür. Der Eigenbeitrag ist zwar gering, aber nur wenige nehmen die Option überhaupt wahr.

Dabei zählt jeder Euro für die Rente. Besonders für Menschen, die dauerhaft oder wiederholt in geringfügiger Beschäftigung arbeiten. Sozialleistungen wie Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Elterngeld bleiben oft außen vor. Und wer mehrere Minijobs kombiniert, kann ungewollt in eine Versicherungspflicht rutschen, inklusive aller Konsequenzen.

Die Gefahr: Wer heute kurzfristig profitiert, zahlt morgen mit fehlender Absicherung. Der Nebenjob füllt das Portemonnaie, aber nicht das Rentenkonto. Und in einem System, das zunehmend auf private Vorsorge setzt, ist das keine Kleinigkeit.

Eine Schattenseite bleibt

So sinnvoll, kreativ oder notwendig viele Nebenjobs auch sind. Es gibt sie noch immer, die Parallelwelt der unbezahlten Rechnungen und Barzahlungen ohne Quittung. Vor allem im Bereich Haushaltshilfen, Gartenarbeit oder Betreuung ist Schwarzarbeit weit verbreitet. Über 90 Prozent dieser Tätigkeiten finden laut Schätzungen illegal statt.

Die Ursachen liegen in komplexen Anmeldesystemen, Unwissenheit, Misstrauen und manchmal auch dem Wunsch, sich Abgaben zu sparen. Doch die Konsequenzen sind alles andere als harmlos. Wer schwarz arbeitet, ist weder unfallversichert noch rentenberechtigt. Und wer jemanden schwarz beschäftigt, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen. Dabei gäbe es legale Alternativen. Über die Minijob-Zentrale oder steuerlich absetzbare haushaltsnahe Dienstleistungen. Nur genutzt werden sie kaum.

Ein Trend mit vielen Gesichtern

Was sagt es über eine Gesellschaft aus, wenn Millionen Menschen neben ihrer Hauptbeschäftigung noch einen Job annehmen? Sicherlich nicht nur, dass man besonders fleißig ist. Der Trend zeigt auch eine Verschiebung in der Arbeitskultur: weg vom linearen Berufsleben, hin zu hybriden Biografien mit mehreren Standbeinen.

Für viele ist der Nebenjob Ausdruck eines neuen Sicherheitsverständnisses. Nicht mehr der eine Arbeitgeber garantiert Stabilität, sondern die Summe verschiedener Einkommensquellen. Gleichzeitig wächst das Bedürfnis, selbst zu gestalten statt verwaltet zu werden. Nebenjobs sind damit auch ein stilles Aufbegehren gegen festgefahrene Strukturen.

Nebenjobs können Lückenfüller, Rettungsanker oder Startplattform sein. Mal bewusst gewählt, mal bitter nötig. Aber eines sind sie fast immer: ein Spiegel gesellschaftlicher Umbrüche. Und vielleicht auch ein kleiner Hinweis darauf, wie Arbeit in Zukunft aussehen wird. Nicht zwingend schlechter, aber definitiv anders.

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