Ein aufmerksamer Leser meines Blogs und vor allem des neuen "In 6 Monaten 3-stellig"-E-Books, hat mich auf einen wichtigen und interessanten Umstand aufmerksam gemacht.
Er stellte dem Grunde nach die Frage:
Wo hört die Meinungsfreiheit auf und wo fängt üble Nachrede an?
Wie kam er auf diese Frage? Wo bestehen denn vielleicht Probleme für Webseiten-Betreiber und Blogger?
Der Sinn von Blogs
Der Sinn von Blogs schlechthin ist das offene "Meinung sagen".
Als Blogger kann man über Dinge berichten, die einen beschäftigen. Ob nun aus dem Privatleben oder im Geschäftsbereich, man schreibt über Dinge, die einen interessieren und einen beschäftigen.
Dabei berichtet man zwangsläufig über die eigenen Erfahrungen. Und man sagt seine Meinung.
Viele Firmen machen sich das mittlerweile ja sogar zunutze. Denken Sie nur an bezahlte Artikel von Trigami oder Hallimash. Firmen versuchen gezielt die Macht der "Meinungsmacher" (Blogger) für Ihre Zwecke (Werbezwecke) zu nutzen.
Clever.
Schön, dass es Meinungsfreiheit in Deutschland gibt. Jeder darf offen seine Meinung sagen.
Doch auf der anderen Seite gibt es auch so schöne Begriffe wie "Rufmord", "Verleumdung" oder "üble Nachrede"…
Was ist "üble Nachrede"?
Ich musste selbst erstmal recherchieren, wo genau die Unterschiede zwischen den oben erwähnten Begriffen bestehen.
Da Verleumdungen und Rufmord eher dann verwendet werden, wenn jemand vorsätzlich die Unwahrheit über eine Firma, eine Person oder ein Produkt erzählt, habe ich für die Überschrift dieses Artikel den passenderen Begriff der üblen Nachrede gewählt:
Bei der Üblen Nachrede wird insbesondere eine ehrverletzende Tatsachenbehauptung unter Strafe gestellt. Entscheidend ist, dass diese nicht „erweislich wahr“ ist.
Quelle: Wikipedia
Bei der üblen Nachrede kann es sich demnach um eine tatsächliche, negative Erfahrung handeln, die aber für Außenstehende wiederum nicht "nachweisbar wahr" ist.
Und jetzt nähern wir uns langsam dem eigentlichen Problemfeld…
Meinungsfreiheit, üble Nachrede und das Web 2.0…
Nehmen wir ein Beispiel her:
Sie kaufen sich ein Produkt (hier: eine Computer-Software), von dem eine ganz bestimmte Funktion versprochen wird. Gerade diese Funktion sorgt schließlich dafür, dass Sie kaufen.
Sobald Sie das Produkt haben und ausprobieren, stellen Sie jedoch fest, dass das Produkt zwar auf Ihrem Computer funktioniert, nicht aber ausgerechnet die von Ihnen so dringend gewünschte Funktion. Nach stundenlangem Herumprobieren und Recherchieren im Internet, wenden Sie sich frustriert an den Support des Herstellers.
Von diesem kommt die Antwort, dass die Firma eben keine 100%ige Kompatibilität mit allen möglichen System garantieren könne und das eben die von Ihnen so dringend gewünschte Funktion ausgerechnet mit Ihrer speziellen Hardware nicht funktionieren würde. Die Firma empfiehlt Ihr System auf- bzw. umzurüsten.
(Klingt irgendwie weit hergeholt, habe ich aber leider selber so ähnlich erlebt…)
Und jetzt die Frage:
Ist es wirklich korrekt, diese negative (hier fiktive) Erfahrung "weiterzuerzählen" und darüber z.B. einen Blog-Artikel zu verfassen, in dem Sie ganz deutlich davon abraten das Produkt zu kaufen, welches Sie auch offen beim Namen nennen?
Durch die Integration diverser Social Networks und Social Bookmarks, verbreitet sich dieser Artikel entsprechend in den Weiten des Internets…
Könnte die betroffene Hersteller-Firma nicht – bei entsprechender Reichweite Ihres Blogs – erwägen gegen Sie vorzugehen? Sie z.B. wegen übler Nachrede anzuzeigen?
Kein Zweifel: Der Ton macht die Musik.
Aber auch wenn Sie versuchen objektiv und sachlich über Ihre Erfahrung zu schreiben (und das sollten Sie natürlich immer tun!) – Ihre Meinung werden Sie offen vertreten wollen! Und der negative Eindruck bleibt natürlich.
Was wenn die Firma diese negative Publicity nicht "auf sich sitzen lassen" möchte?
Mithilfe erwünscht
Durch den Hinweis meines Lesers bin ich erst auf diesen Umstand so richtig aufmerksam geworden und habe bemerkt, dass ich mich dadurch hier und da vielleicht etwas aufs Glatteis begeben habe.
Denn meine Erfahrungen mit verschiedenen Diensten und Produkten sind nicht immer durchweg nur positiv – und auch negative Erfahrungen habe ich offen geschildert und die Dienste oder Produkte beim Namen genannt…
Wie stehen Sie zu diesem Thema? Haben Sie eigene Erfahrungen dazu gemacht?
Kann man sich "trauen" offen seine Meinung zu sagen, auch wenn Sie vielleicht in Bezug auf einen bestimmten Dienst oder ein bestimmtes Produkt ausgesprochen negativ ist?
Sollte man dieses Produkt oder diesen Dienst ganz offen beim Namen nennen oder es vorziehen es zu umschreiben?
Bisher war ich der Ansicht, dass ich doch offen meine Meinung sagen kann und es der Firma, die von mir negative (aber sachliche!) Kritik erhalten hat ja freisteht, mir entgegenzukommen und es "geradezubiegen". Von solchem Service und Kundensupport würde ich natürlich ebenfalls offen berichten.
Doch die Anmerkung des Lesers gab mir zu denken. Schließlich kann und will ich mir keine Abmahnungen oder Gerichtsverfahren leisten…
Ich versuche bei schlechten Erfahrungen immer folgendes vor der Veröffentlichung von Artikeln mit negativer Kritik zu beachten:
- Im Vorfeld alles versuchen um das Problem zu klären (bei Software z.B. Neuinstallation, neue Treiber, alle anderen Programme ausschalten, Kundensupport kontaktieren und ihm Zeit geben (!) mein Problem zu beheben etc.).
- Alles ausprobieren, was mir der Support dann eventuell rät.
- Gegebenenfalls dem Support gegenüber ankündigen, dass man ein (negatives) Review auf dem eigenen Blog schreiben wird (je nach Situation muss man hier abwägen). Das sollte jedoch nicht als offene Drohung rüberkommen, so nach dem Motto: "Behebt jetzt gefälligst mein Problem oder ich sorge dafür, dass Ihr schlecht dasteht".
- Den Artikel selbst auf jeden Fall sachlich und objektiv verfassen. Dazu ist Zeit erforderlich! Man muss vermutlich mehr Zeit in die genaue Formulierung des Artikels investieren als sonst.
- Nicht nur negative Dinge erwähnen, denn die wird es kaum ausschließlich geben. Fairerweise sollten auch positive Aspekte hervorgehoben werden.
Ich persönlich denke, dass dadurch die Gefahr als übel Nachredender (gibt es diese Bezeichnung?) zu gelten weitestgehend eingedämmt ist.
Ich würde mich über eine rege Diskussion und viele Kommentare und Erfahrungen freuen 🙂
Hallo Gordon, grosses Lob für diesen Artikel! Ich finde es gut, dass Du Dich mit diesem Thema beschäftigt hast.
Ich bin ein grosser Freund von echter Ehrlichkeit und hasse „Blümchen-Sprache“. Unter meinen Freunden gelte ich als zuverlässig, weil ich „frei Schnauze“ meine Meinung sage und ich finde das ist in einer Freundschaft wichtig.
Aber zurück zum Wesentlichen, ich glaube das es wichtig ist zu unterscheiden ob man eine ERFAHRUNG mit jenem Produkt oder was auch immer gemacht hat oder nur (mit-)redet. So lange wie es ein FAKT ist, dass jenes Produkt, Unternehmen oder was auch immer schlecht ist, ist es okay. Man sollte stets begründen bzw. belegen, warum einem etwas negativ aufstösst.
Und warum soll man negative Erfahrungen nicht mitteilen und erzählen, es ist eine ERFAHRUNG und soll ich schweigen wenn etwas negativ ist?! Sicher nicht, denn wenn mir etwas gefällt empfehle ich es doch auch weiter…
@Im Internet Geldverdienen Genau, da hast Du recht.
Wie beschrieben denke ich, dass, wenn man nicht „mal eben so“ einen „bösen“ Artikel schreibt, sondern der Firma vorher die Chance gibt alles zu bereinigen, dass es dann okay ist auch offen negatives anzusprechen.
Aber das manche Firmen das nicht „auf sich sitzen lassen“, kann ich mir auch wiederum vorstellen.
Meint Ihr nicht?
hallo gordon,
vielen dank für diesen artikel und denkanstoß! sicher hat schon jeder eine erfahrung dieser art gemacht – auch ich. da ich eine abmahnung mit 2.500 euro strafzahlung anwaltlich erhielt, habe ich mich zurückgezogen und gleichzeitig gefragt: was bringt es eigentlich? ich bin zu dem resultat gekommen, dass es mich nur geld und ärger kostet (selbst, wenn es die wahrheit ist, die aber kaum jemand gern hört, denn geld regiert die welt) und denen, denen es nützen könnte, die erfahren vielleicht erst hinterher (nach dem kauf) von meiner erfahrung, weil sie meinen artikel nicht rechtzeitig finden … aber wenn mir etwas gefällt, empfehle ich es gern weiter! und falls man schlechte erfahrungen gemacht hat, kann und sollte man das auch mitteilen – aber ohne nennung von namen … so lebt man ruhiger ;-), denn im netz tummeln sich nicht nur gute menschen!
lg susann
@daten_schuetzen Hallo Susann,
stimmt, ich hatte auch schon früher mal eine Abmahnung erhalten. Damals aber wegen eines Copyright-Verstoßes an einem Bild… also durchaus berechtigterweise.
Danke aber auf jeden Fall für Deine Erfahrung!
Liebe Grüße Gordon
Hi Gordon,
interessantes Thema.
Allerdings denke ich nicht, dass es für Firmen so einfach ist, negative Meinungen zu verbieten, solange diese sachlich und nachvollziehbar weitergegeben werden.
Ich kenne ja nun die meisten deiner Blogartikel und wenn du „negativ“ über etwas berichtest, dann schreibst du nicht „Firma XY is doof“, sondern gehst genau auf deine Probleme ein, stellst sie dar und gibst auch Gründe für Probleme weiter ( ich erinnere mich da an Probleme mit einer Videosoftware und der KOmpatibilität zum Mac und dem entsprechenden Headset).
Ich denke nicht, dass eine Firma es verbieten kann, wenn du sachlich über eigene Erfahrungen berichtest und die Probleme oder auch enttäuschten Erwartungen von deiner Seite veröffentlichst.
Etwas ganz anderes ist es da meiner Meinung nach, wenn du mit einem Produkt unzufrieden bist und dann gleich die ganze Firma schlecht machst oder über den Support herziehst, weil du einmal nicht gleich durchgekommen bist oder die Person am anderen Ende der Leitung dir einmal nicht weiterhelfen konnte.
Liebe Grüße
Stefanie
Hey Stefanie,
genau, man muss schon differenzieren und das meinte ich auch, als ich schrieb, das sicher nicht ALLES schlecht ist am Produkt und erst recht nicht an der ganzen Firma!
Und das muss man berücksichtigen, wenn man fair und objektiv sein möchte.
Liebe Grüße
Gordon
Hallo Gordon!
Ein interessanter Artikel, denn Deine Frage stellen sich meiner Meinung nach viel zu wenige Blogger!
Der Ärger über ein negatives Ereignis oder eine nicht hinnehmbare Situation veranlasst viele Blogger oft dazu, sofort darüber zu schreiben. Einmal richtig Dampf ablassen und seiner Wut freien Lauf lassen.
Ist ja auch verständlich! Auch ich habe solche Beschwerden schon geschrieben. Doch der kleine aber feine Unterschied ist die Reichweite dieser Worte.
Wenn ich jemandem in einem Brief auf die Füße trete, tut es nicht so sehr weh, wie wenn ich das vor Hunderttausenden von Leuten mache. Wenn ich öffentlich die Kompetenz, das Verhalten oder ein Produkt einer Firma in Frage stelle, egal ob gerechtfertigt oder nicht, begebe ich mich vorerst einmal auf dünnes Eis.
Ich muss damit rechnen, sofort von dieser Firma oder auch Person verklagt zu werden. Dazu reicht oft eine Kleinigkeit aus. Je größer die Firma, desto länger hat diese auch den Atem, einen Gerichtsprozess zu führen. Wer hat schon die finanziellen Mittel, um sich einer solchen Firma über mehrere Instanzen entgegenzustellen? Dabei geht es noch immer nicht um das Thema „Wer hat recht oder unrecht“, denn das steht erst fest, wenn alle Instanzen ausgeschöpft sind, einer der Kontrahenten aufgibt oder ein Vergleich zustande kommt. Hier geht es erst einmal darum, den Unruhestifter mit finanziellem Druck (Klageandrohung) mundtot zu machen.
Auf der anderen Seite muss sich aber auch die Firma oder Person darum sorgen, dass durch eine Klageandrohung ihr Image in der Öffentlichkeit in Mitleidenschaft gezogen wird, zB durch Unterschätzung des Web2.0!
Was also ist die Alternative?
Zu bloggen, ohne die Person, das Produkt oder die Firma zu nennen? Eher nicht!
Auf den Artikel zu verzichten? Auf keinen Fall! Solche Dinge gehören aufgedeckt!
Aus allen Rohren zu schießen? Nur wenn man im Lotto viele Mio. Euro gewonnen hat!
Ich würde folgendes vorschlagen:
Den Artikel schreiben, eine Nacht darüber schlafen, dann nochmals überarbeiten und eine weitere Nacht darüber schlafen. Dann nochmals überarbeiten, die gefährlichen Passagen entschärfen (oder eine gute Rechtsschutzversicherung besitzen) und veröffentlichen.
Liebe Grüße!
Günther
Hey Günther,
herzlichen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar.
Klar ist es immer ein Für und Wider, auch für die Firmen.
Wollen die sich wirklich einen Rechtsstreit liefern und Gefahr laufen, dass der Blogger munter weiter darüber berichtet? So etwas kommt immerhin in der Öffentlichkeit in Zeiten des Web 2.0 nicht gut an…
Aber ich stimme Dir voll zu:
Auch über schlechte, negative Dinge, muss ich als Blogger ungehindert schreiben können!
Auch solche Artikel gehören veröffentlicht!
Aber drüber schlafen (ob nun tatsächlich oder im übertragenen Sinn) halt ich für DEN Knackpunkt!
Nicht aus dem „Affekt“ und dem Zorn schreiben (ob berechtigt oder nicht spielt keine Rolle), sondern besonnen bleiben und lieber einmal mehr drüber nachdenken.
Ich danke für Deine Meinung 🙂
Viele Grüße
Gordon
Hallo Gordon,
einen tollen Artikel hast du wieder geschrieben der mich auch ein wenig berührt.
Heute habe ich ein Geschäft betreten, von dem ich letztens so begeistert war. Ich schrieb auch da mal einen Artikel drüber, wie man mit mir als Kunde umgeht. Es war damals echt spitze. Doch was heute in dem Geschäft los war ( es war insgesamt mein 2. Besuch dort), wo ich Kaffee kaufen wollte, war das komplette Gegenteil. Ich bin dann raus und konnte es nicht fassen wie mit mir als Kunden umgegangen wird. Ich war stinke sauer.
So, zuerst dachte ich da müsste ich auch gleich mal einen Artikel schreiben, so nach dem Motto “ es dauert Jahre um eine gute Kundenbeziehung aufzubauen, aber nur einen Tag um sie zu zerstören.“ Doch dann habe ich auch mal intensiver drüber nachgedacht. War es Stress, ein schlechter Tag, des Betreibers, was auch immer. Kann ja mal sein. Ich werde diesem Geschäft schon noch eine Chance geben, denn die Produkte sind wirklich Klasse. Aber je nach dem wie sich mein erneuter Besuch gestaltet werde ich handeln.
Auf deine beschriebene Situation bezogen, denke ich das man schon intensiv über den jeweiligen Vorfall nachdenkt aber auch mal etwas Abstand gewinnt. Einen Rechtsstreit will natürlich keiner, denn seine Zeit und sein Geld kann man sinnvoller investieren. Doch auf der anderen soll man sich als Kunde auch nicht alles gefallen lassen.
Fingenspitzengefühl scheint mir hier das Zauberwort zu sein.
In diesem Sinne
beste Grüße aus dem Vogtland
Marco Stengel
Hey Marco,
stimmt auf jeden Fall: Einen schlechten Tag kann wirklich jeder mal haben! Auch das sollte man unbedingt berücksichtigen!
Danke für die Ergänzung und Erfahrung 🙂
Viele Grüße
Gordon