Lea Marlen Woitack im Interview über Schauspielerei und ihre Karriere
1. In der Schauspielerei ist es bekanntlich schwierig, Fuß zu fassen – wussten Sie schon immer, dass Sie diesen Weg einschlagen möchten und dass der Schauspielerei vor allem beruflich Ihr Herz gehört?
Das erste Mal habe ich als Kindergartenkind zu meiner Mutter gesagt, dass ich Schauspielerin werden will. Als ich mit 12 Jahren eine Hauptrolle im Theater gespielt habe, war die Sache besiegelt. Nie wieder wollte ich ohne die schwarzen Wände des Theaters, die Scheinwerfer und das vibrierende Miteinander unter Schauspielern sein.
Deswegen habe ich Praktika an der Oper gemacht, Workshops besucht und immer an diesem Traum festgehalten. Ich kann nicht sagen, ich sei nicht vor den Herausforderungen gewarnt worden: Selten stetige Beschäftigung, schwierig für Familie und Freunde, immer wieder Zweifel an der eigenen Person.
Inzwischen kann ich sagen, Schauspielerin zu sein ist einer der schwierigsten
Berufe. Aber mit Sicherheit der Schönste, den man haben kann.
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2. Wo begann dieser Weg genau, wie lief er ab?
Dass ich aus meiner Leidenschaft einen Beruf machen würde, wurde so richtig
amtlich, als ich das Studium an der Theaterakademie August Everding in
München anfing. Der Prozess des Vorsprechens ist zäh, ein erstes Nadelöhr auf dem Weg auf die Bühne.
Ich glaube, all die Prüfungen auf dem Weg sind wichtig, um den eigenen Willen zu überprüfen. Wer kein Durchhaltevermögen hat, der ist besser beraten, einen anderen Beruf zu wählen.
Nach meinem Diplom ging es erst an die Bühne und relativ schnell auch vor die Kamera. An dem Punkt müssen die ersten Entscheidungen getroffen werden: Wie will ich arbeiten, wo will ich hin? Und dann kommt das Leben dazwischen und hat ein paar Überraschungen in petto.
Dafür offen zu sein und immer wieder zu überprüfen, ob der Weg für einen noch stimmt, ist eine ständige Übung.
3. Sie haben vor der Pandemie ein Studium der Philosophie und Filmwissenschaftbegonnen. Was haben die Philosophie und die Schauspielerei für parallelen und wie hat das Studium Ihre Kunst beeinflusst?
Für mich geht es in beiden Disziplinen um die Suche nach Wahrheit, praktisch und theoretisch.
Immer wieder geht es darum, was die Essenz ist oder mit Goethes Faust gesprochen: „was ist des Pudels Kern?“ Als Schauspielerin ist man immer mit der eigenen Wahrnehmung konfrontiert, hinterfragt sie, formt sie.
In der Philosophiegeschichte gibt es viele große DenkerInnen, die uns Zugänge anbieten, wie wir die Welt verstehen. Die Beschäftigung mit den philosophischen Ideen hat oft beruhigend auf mich gewirkt und war ein perfekter Ausgleich zu den Dreharbeiten, bei denen es oft hektisch ist.
Seitdem entdecke ich in den Texten immer mehr Facetten und beobachte
meine Umwelt viel genauer. Das ist ein großer Gewinn für jede Rolle.
Lea Marlen Woitack über Macromedia
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4. Wie kamen Sie auf die Idee, nun die Schauspielerei zu lehren und was hat Sie von der Macromedia überzeugt? War vielleicht auch die Pandemie ein Grund dafür sich nach etwas Sichererem umzusehen?
Meinen ersten Lehrauftrag hatte ich bereits 2013. Den musste ich leider
wegen eines Engagements aufgeben, obwohl die Arbeit mit den Studierenden
sehr bereichernd war. Deswegen freut es mich um so mehr, dass ich nun
wieder unterrichten kann.
Auch als Lehrende profitiere ich von dem Austausch, ich bekomme viele Impulse von den jungen Schauspielenden.
Vermeintliche Sicherheit ist zwar ein verführerisches Gut. Ich habe mich
allerdings auf das Gauklerleben eingelassen und entscheide nach anderen
Kriterien.
Viel verlockender finde ich es, mich wieder intensiv mit dem
spielerischen Handwerk zu befassen. Und meine Hoffnung hat sich bestätigt.
Nichts ist beglückender als junge Talente beim Blühen zu begleiten und zu
unterstützen. Die Macromedia ist mit ihrem vielfältigen Angebot und
innovativen Ideen am Puls der Zeit, das Potenzial der Hochschule spricht für
sich.
5. Die Hochschule Macromedia macht es sich zur Aufgabe, Ihre Studierenden auf die digitale Zukunft vorzubereiten. Wie möchten Sie als Lehrende das ThemaDigitalisierung und Schauspiel verknüpfen?
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Die Digitalisierung macht auch vor so einem alten Gewerbe wie der
Schauspielerei nicht halt. Es wird immer mehr mit crossmedialen Formaten
experimentiert und die Vorzüge von digitalen Produktionsmöglichkeiten freut
nicht nur die Kassenwarte.
Die vielfältigen Studiengänge an der Macromedia ermöglichen ein breites Spektrum an Kooperationen zwischen den Disziplinen, von denen ich mir spannende Synergie Effekte verspreche.
Im regen Austausch mit meinem Netzwerk entstehen gerade vielen Ideen, wie eine Kunst, die von der Unmittelbarkeit lebt, und digitale Entwicklungen sich gegenseitig befruchten können. Daran mit den Studierenden zu forschen wird
eine spannende Aufgabe!
Lea Marlen Woitack über private Schauspielschule
6. Eine private Hochschule wie die Macromedia bietet einige Kontakte und Möglichkeiten, die eine staatliche im Vergleich vielleicht eher nicht bieten kann. Wird es also zukünftig von Vorteil sein, privat Schauspiel studiert zu haben und eher die ein oder andere Tür öffnen?
Ich halte nicht viel von den direkten Vergleichen. Jede Schauspielschule ist
trotz gleicher Inhalte sehr eigen und jede/r muss für sich prüfen, was er sich
von welcher Institution verspricht.
Was ich an der Macromedia München schätze, ist die große Affinität für Neue Medien und das Bestreben, die Studierenden so früh wie möglich mit der Branche in Kontakt kommen zu lassen.
Meiner Meinung nach ist es extrem wichtig, schnell zu verstehen, wie
„die Welt da draußen“ tickt. Am Ende entscheiden das Engagement und die
Neugier der Studierenden, wie sich die Lebenswege entwickeln.
7. Welche Hürden sind Ihnen ganz besonders während Ihrer bisherigen Karriere im Gedächtnis geblieben?
Wenn wir über Hürden sprechen, möchte ich gern zwischen inneren und
äußeren Hürden unterscheiden. Zu den Äußeren gehören sicherlich der heiß
umkämpfte Markt. Mir wurde mal gesagt, wenn eins von zehn Castings klappt, sei das eine gute Quote.
Ich habe nicht gezählt, aber ich kann versichern, dass
es immer wieder kurz schmerzhaft ist, eine Absage zu bekommen.
Durststrecken auszuhalten ist eine echte Herausforderung.
Innere Hürden sind die Selbstzweifel, die einen durch den Beruf begleiten.
Als Schauspielende ist mein Körper, mein Wesen, meine Persönlichkeit das
Instrument, mit dem ich arbeite. Da kann es schon mal vorkommen, dass die
gesunde Distanz zu der Arbeit verloren geht.
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Lea Marlen Woitack über ihre Meilensteine und Erfolge
8. Andersherum: Welche Meilensteine, also welche Erfolge waren dann
ausschlaggebend oder bisher besonders prägend?
Auch hier gibt es zweierlei Perspektiven. Das eine sind die Erfolge, die ich mir
in den Lebenslauf schreiben kann. Dazu gehören z. B. die Vorstellungen in
China vor internationalem Publikum, Shakespeare Inszenierungen, mit denen
ich das Bauchkribbeln verbinde, wenn ich vor ausverkauftem Haus meinen
Monolog spiele, eine Hauptrolle in Deutschlands erfolgreichster täglichen
Serie oder die ersten englischsprachigen Rollen in internationalen Serien.
Die Professur an der Macromedia gehört definitiv mit in diese Reihe.
Die anderen sind die, die in meinem persönlichen Schatzkästchen liegen.
Das sind die Momente, wenn sich wildfremde Menschen mit Tränen in den Augen bei mir bedanken, weil ich Ihrer Geschichte ein Gesicht gegeben habe, wenn nach einer Vorstellung hitzige Debatten im Foyer stattfinden, weil das Stück aktuelle Themen berührt oder wenn ich in meinem direkten Arbeitsumfeld etwas gegen systemische Missstände tun konnte.
Beide Formen von Erfolg sind für mich wichtig, um in diesem Beruf glücklich
zu werden.
9. Gab es auch Alternativen, was den beruflichen Werdegang betrifft bzw. ist die Lehrtätigkeit ein Indiz dafür, dass sie der aktiven Schauspielerei den Rücken kehren wollen?
Die Welt ist so schön bunt und es gibt unheimlich viel, was mich interessiert.
Eine echte Alternative war bisher allerdings nicht dabei. Die Lehrtätigkeit ist
eher ein Indiz dafür, dass ich mich noch mehr in die Schauspielkunst vertiefen werde.
Zu spielen ist das eine. Um es vermitteln zu können, muss man sich besonders intensiv mit dem Handwerk beschäftigen, damit die Studierenden dort abgeholt werden können, wo sie stehen. Dabei lerne ich selbst mit jeder Unterrichtseinheit dazu.
Zentraler Bestandteil der Lehre ist für mich, selbst weiter vor der Kamera zu
stehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass Studierende und Hochschule
davon profitieren, wenn Dozierende in ihrer jeweiligen Branche aktiv bleiben
und den Anschluss nicht verlieren. Nebenbei gesagt kann ich damit auch gar
nicht aufhören. Schauspiel ist eben nicht nur ein Beruf, es ist meine erste
große Liebe und die verlässt man nicht so schnell…
Botschafterin der Deutschen Stiftung für Junge Erwachsene mit Krebs
10. Sie sind Botschafterin der Deutschen Stiftung für Junge Erwachsene mit Krebs, können Sie uns ein wenig über die Tätigkeit erzählen? Wie sind Sie dazu gekommen?
Seit 2016 begleite ich die Stiftung schon. Damals hat man mich gefragt, ob ich
die Aufgabe übernehmen würde und ich war zuerst unsicher. Selbst war ich
als junge Erwachsene eine Zeit lang schwer krank, mit Krebs hatte ich bis
dahin allerdings nur entfernt zu tun.
Durch meine eigene Erfahrung weiß ich aber wie es sich anfühlt, plötzlich aus dem Alltag gerissen zu werden, Lücken im Lebenslauf erklären zu müssen und nicht mehr perfekt funktionieren zu
können.
Die Stiftung widmet sich vor allem sozial medizinischen Aspekten. Das betrifft all die Bereiche, an die man bei einer Krebsdiagnose erst mal gar nicht denkt, z. B. Administration und Finanzierung in einer ohnehin schon
belastenden Lebensphase. Wie verändert die Krankheit die Beziehungen, die
Ausbildung, den Kinderwunsch?
Ich glaube, die wenigsten Biographien verlaufen linear und ich finde es
wichtig, in einer Leistungsgesellschaft zu signalisieren: Vermeintliche Defizite
können Chancen bergen. Jede/r darf auch mal schwach sein und Hilfe
annehmen zu können ist eine große Stärke.
Das alles vermittelt die Stiftung, deswegen halte ich ihre Arbeit gesamt gesellschaftlich für essenziell.
Wer sich einen Eindruck machen möchte, kann gerne in unseren Podcast
„jung und Krebs“ rein hören.
In zehn Folgen moderiere ich Gespräche mit jungen Betroffenen, die von Ihren Erfahrungen erzählen. Das lohnt sich übrigens für alle, denn vor allem geht es hier um das Leben.
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11. Verraten Sie uns bitte ein Geheimnis, das unser Interview noch besonderer macht!
Weniger ein Geheimnis, mehr ein Funfact: Mein erster richtiger Job war bei
einem Malermeister. Geld verdient habe ich mit Tapezieren, Fliesen legen und
Renovierungen jeglicher Art.
Das hat dazu geführt, dass ich mir später einen alten DDR-Wohnwagen zugelegt und grundsaniert habe. Mein „Friedel“ hat sich inzwischen zu einem echten „Glamping- Mobil“ gemausert. Und ich hänge an meinem kleinen Oldtimer, wenn man jede Schraube persönlich kennt, gibt man so ein Gefährt nicht mehr her.
Inzwischen habe ich das alte Haus meiner Großmutter geerbt und bin wieder
im Heimwerker Modus. Das Fundament ist schon erneuert, bald kommen das
Dach und der Garten. Wer weiß, was als nächstes kommt….